Tokaj
Ein wertvoller Zufall der Natur
Einzigartige Weine leben immer von außergewöhnlichen Orten. Tokaji ist bestes Beispiel dafür. Die Entdeckung der Edelfäule und die Entstehung von hocharomatischen Süßweinen war zwar ein Zufall, der allerdings der Lage der Weinberge und der Witterung des Gebiets zu verdanken ist. Tokaj, was „Wald am Fluss“ bedeutet, liegt im Nordosten Ungarns und wird von kontinentalem Klima beeinflusst. Die Flüsse Theiß und Bodrog sowie das Tokajer Gebirge mit dem 512 m hohen Kahlberg, einem Ausläufer der Karpaten und erloschener Vulkan, schaffen im Herbst ein einzigartiges Microklima mit viel Feuchtigkeit und häufigem Nebel, der Botrytis cinerea begünstigt.
Diese Edelfäule lässt die Beeren schrumpfen und rosinieren, wodurch die hohen mostgewichte entstehen, die die hohe Zuckerkonzentration ermöglicht. Das vulkanische Gestein als Boden gibt den Weinen schließlich noch mehr Individualität, was man im Gesamtkontext als Terroir versteht. Um diese Besonderheit zu perfektionieren werden nur spät reifende Rebsorten verwendet. Erlaubt sind Furmint, Hárslevelü, Muscat blanc, Kabar, Kövérzölö und Zéta.
Vielfalt und Vielschichtigkeit
Furmint ist eine autochtone Sorte Ungarns, die gerade ein Revival erlebt. Erstmals wurde die Rebsorte 1623 erwähnt. Gut 70% des Weinbaugebiets Tokaj sind mit ihr bepflanzt. Ihr großer Pluspunkt ist eine ausgeprägte Säure, die gerade einem Dessertwein zu Gute kommt und eine angenehme Blance zwischen Süße und Frische bringt.
Die als „Lindenblättrige“ bekannte Rebsorte Hárslevelü, slowakisch auch als Lipovina bekannt, ist eine Bukettrebsorte und bring bei einer Weincuvée den duftigen Charakter. Ihr Anteil in Tokaj beträgt ca. 25 %. Einen eher kleinen Anteil macht die Muskatsorte aus, die für den trockenen Grundwein des Tokaji Aszú verwendet wird und für eine Aromenvielfalt in der Cuvée sorgt. Die vierte Rebsorte Zéta ist eine ungarische Züchtung jüngeren Ursprungs aus dem Jahr 1951.
Bis 1999 wurde die Kreuzung aus Furmint und Bouvier Oremus benannt. Um allerdings Verwechslungen mit dem gleichnamigen berühmten Oremus-Weinberg der Gemeinde Sátoraljaújhely zu verhindern, änderte man den Namen in Zéta. Die Neuzüchtung reift etwas früher als der Furmint und wird leicht von Edelfäule befallen. Bouvier gibt der Sorte ein duftiges Bukett – damit vereint sie alle Vorteile für edelsüßen Wein-Ausbau. Ein weiterer Faktor, um Edelfäule zu fördern ist der Rebschnitt. Aber auch der Ausbau eines Tokajer wurde über die Zeit perfektioniert.
Der feine Unterschied - vom Weinberg bis in den Weinkeller
Der klassische Tokajer ist der Aszú. Der Name stammt vom Wort aszalt ab, was gedörrt bzw. getrocknet heißt. Ein Aszú ist mit einer Trockenbeerenauslese vergleichbar. Die Arbeit ist noch immer sehr handwerklich. Zunächst werden die mit Beeren mit Botrytis von Hand ausgelesen, woher auch der Name Ausbruch stammt. Gesammelt werden die Beeren in Butten, die maximal 25 kg fassen, den Puttonyos.
Aber auch die nicht edelfaulen Trauben werden gelesen. Der Most beider Lesen kam anschließend entweder in ein Göncer Fass mit einem Fassungungsvermögen von 136 bis 145 Liter oder die größere Variante, das Szerednyeer Fass mit einem Volumen von 200 bis 220 l. Je höher der Anteil der Puttonyos dabei war, desto süßer und konzentrierter wurde der Wein.
Die abschließende Reifezeit wurde ebenfalls in Puttonyos-Anzahl plus 2 berechnet. Für ein Fass mit einem Anteil von 6 Botrytistrauben-Butten betrug die Reifezeit somit 8 Jahre. Seit 2013 definiert sich ein Tokaji Aszu durch 5 oder 6 Butten und der Verwendung jahrgangsgleicher Moste. Der Restzucker wurde bereits 1997 mit mindestens 120 g für 5 Butten und 150 g für 6 Butten pro Liter definiert. Die Reifezeit muss mindestens 18 Monate im Barrique oder großen Holzfass betragen, der Verkauf darf erst im zweiten Jahr nach der Lese erfolgen.
Eine einfachere Variante des Tokaji ist der Szamorodni. Der Name Szamorodni „wie gewachsen“ verrät bereits die Machart. Hierbei findet keine Selektion statt, die Reben werden so wie sie gewachsen sind gelesen und verarbeitet. Der Anteil edelfauler Trauben variiert dadurch stärker, die Weine können dadurch sowohl süß – édes – als auch trocken – száraz ausgebaut werden.