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Syrah und Shiraz – die unterschiedlichen Gleichen

Zwei Stile einer Rebsorte

Veröffentlicht am 25. Februar 2013
Eigentlich verwundert es nicht, wenn einer der berühmten Weinerzeuger an der nördlichen Rhône einen seiner Weine Chevalier de Stérimberg nennt. Ging man doch lange Zeit davon aus, dass eben dieser Kreuzritter im 13. Jahrhundert eine Rebsorte aus Persien mit nach Frankreich brachte, die man später Syrah nannte und deren Name auf die altpersische Stadt Shiraz zurückgeführt werden kann. Abwegig war das nicht, denn in Shiraz wird seit Jahrhunderten Wein angebaut, was der berühmte persische Dichter Hafis (1324-1388) auch in vielen seiner Lieder dokumentiert hat.

Und auch heute noch gibt es eine autochthone Rebsorte in diesem Teil Persiens, die sich Shirazi nennt. Allerdings ist es eine weiße Sorte. Ebenso wie die Sorten, die für Jaboulet Ainées Chevalier de Stérimberg verwendet werden, denn dies ist nicht etwa – wie die Auswahl des Namens nahelegen würde – ein reinsortiger Syrah, sondern vielmehr eine Cuvée weißer Rhône-Sorten.

Doch zurück zum Syrah. Denn so schön die Geschichte vom Kreuzritter auch sein mag, wahr ist sie nicht. Heute ist es , die genetische Abstammung von Rebsorten zweifelsfrei festzustellen. Wissenschaftler der University of California und der Forschungsanstalt Montpellier haben dann auch die Eltern des Syrah ermitteln können und diese stammen nicht aus dem heutigen Iran. Der Syrah ist eine Wildkreuzung der weißen Sorte Mondeuse Blanche und der roten Sorte Dureza. Die Mondeuse Blanche stammt aus den Savoyen und wurde 1999 in Frankreich gerade noch auf 5 Hektar angebaut. Sie gilt als säurestark und alterungsfähig, jedoch nicht unbedingt dazu geeignet, reinsortig ausgebaut zu werden. Noch seltener geworden ist die Dureza, die 1988 noch auf einem Hektar angebaut wurde und sehr spät reifende, rustikale Weine ergibt. In Bezug auf den Vergleich von Syrah und Shiraz konnte zweifelsfrei festgestellt werden, dass der Syrah und der australische, bzw. südafrikanische Shiraz genetisch identisch sind. Gibt es also überhaupt einen Unterschied zwischen diesen beiden Typen jener Sorte, die zu den großen und edlen Sorten der Welt gezählt wird?

Der Unterschied

Nun, der Unterschied liegt heute vor allem in der regional unterschiedlichen Verwendung des Namens und in einer anderen Form der Weinbereitung. Grob gesagt wird der Name Shiraz in Australien und Südafrika verwendet, während es in Europa und auch in den USA allgemein üblich ist, die Weine als Syrah zu bezeichnen.

Seit der australische Weinbaupionier James Busby die Sorte im Jahre 1833 in Australien einführte, wo sie zunächst Scyras hieß und erst später in Shiraz umgetauft wurde, keltert man aus ihr vornehmlich schwere, fruchtbetonte, dunkle Rotweine. Das könnte daran liegen, dass es in Australien zunächst üblich war, aufgespritete Weine zu produzieren, also Weine, deren Gärung durch Zugabe von Alkohol gestoppt wird um einen portweinähnlichen Stil zu erhalten. Auch wenn die Starkwein-Produktion deutlich in den Hintergrund getreten ist, gelten australische Weine auch heute allgemein als dicht, fruchtbetont und opulent. Dies wird nicht zuletzt durch die klimatischen Bedingungen hervorgerufen, die sich von denen der klassischen Syrah-Gebieten der Nord-Rhône deutlich unterscheiden. So fallen in einem der wichtigsten australischen Anbaugebiete für den Shiraz, dem Barossa und McLaren Valley ca. 450mm Niederschlag, während es an der Nord-Rhône mit 834mm fast doppelt so viel ist. Die Temperatur-Jahresmittel bei knapp 16° C im Barossa, an der Nord-Rhône dagegen sind es 11,7°C. Auch die Bodentypen unterscheiden sich deutlich, so dass sich schon durch das Mikroklima ein anderer Wein ergibt.

Neben der unterschiedlichen Reifung der Trauben, die in Australien alkoholreichere Weine hervorbringt, ist es jedoch vor allem der Kellerausbau, der den andersartigen Stil prägt. In europäisch geprägten Ländern ist es üblich, Syrah lange auf der Maische liegen zu lassen um die reichen Tannine aus der Schale zu ziehen. In Australien dagegen wird der Shiraz zur raschen Durchgärung in Fässer aus amerikanischer Eiche gelegt. Das Ergebnis ist ein fruchtbetonter Wein, dem eine deutliche Fruchtsüße eigen ist, dazu Geschmeidigkeit und Aromen von Vanille, Schokolade und Kokos. Syrah von der Nord-Rhône dagegen wirkt schlanker, da nicht unbedingt Holz bzw. neues Holz zum Ausbau verwendet wird, und mit Sicherheit kein amerikanisches. Hier geht es beim Einsatz von Holz seltener um die Aromatik des Holzes denn um die Lagerfähigkeit des Weins. So sind australische Shiraz deutlich eher trinkreif als ihre französischen Pendants, die nach der Abfüllung je nach Qualität des Weins gerne für einige Jahre im Keller verschwinden wollen weil der hohe Säure- und Tanningehalt stark adstringierend wirkt, so dass sich beim Verkosten im Mund alles zusammen zieht. Shiraz dagegen ist viel geschmeidiger und weicher.

Zwei typische Beispiele

Anhand zweier exemplarischer Weine kann man den so unterschiedlichen Stil, den man normalerweise in beiden Ländern vorfindet, deutlich machen. Es handelt sich zum einen um den E. Guigal 2009er Crozes-Hermitage, zum anderen um den Penfolds 2010er Thomas Hyland Shiraz.

Das Haus Etienne Guigal gehört ohne Zweifel zu den Flaggschiffen des nördlichen Anbaugebietes der Rhône. Der Gründer Etienne hat nicht nur 67 Weinjahrgänge vinifiziert, er hat auch einige der Filet-Stücke des Gebiets, vor allem der Côte Rotie zusammengetragen. Marcel Guigal, Sohn des Gründers und nicht nur einmal als bester Weinmacher der Welt betitelt, hat aus diesen Filetstücken mehr als einen 100 Punkte Wein gemacht. Außerdem war er einer derjenigen, die die Weine der Nord-Rhône wieder bekannt gemacht und einem breiteren Publikum ans Herz gelegt haben. Neben den direkt am Fluss gelegenen Weinbergen findet sich im nahegelegenen Hinterland das Gebiet der Crozes-Hermitage. Von dessen flacheren Hängen stammt der Wein mit entsprechendem Namen.

Das Haus Penfolds, auf der anderen Seite der Erdkugel, ist genauso mit dem Syrah berühmt geworden wie Guigal. Waren es bei Guigal die Einzellagen der Côte Rotie, die für Ruhm und Ehre gesorgt haben, war es in Australien ein deutschstämmiger Weinmacher namens Max Schubert, der in den Fünfzigern einen neuen Wein namens Grange Hermitage kreiert hat – man beachte den Verweis auf den berühmten Rhône-Weinberg Hermitage. Dieser Wein, der heute nur noch Grange heißt (oder auch BIN 95), ist wie kein anderer zum Symbol für das Potential des australischen Weinbaus geworden und gilt seit Jahrzehnten als bester Wein Australiens. Neben diesem Icon-Wine hat Schubert einige weitere Weinlegenden wie den BIN 707 oder BIN 389 geschaffen, dessen Echo sich im Thomas Hyland Shiraz wiederfindet. Der vorgestellte Wein wurde nach dem Schwiegersohn des Gründers benannt, der Ende des 19. Jahrhunderts Anteilseigener der Winery wurde.

Schon beim Alkoholgehalt der Weine wird klar, dass wir es mit zwei unterschiedlichen Vertretern der Gattung Syrah zu tun haben. Wartet der Guigal mit moderaten 13% auf, sind es beim Penfolds übliche 14,5%. Dieses Mehr an Alkohol ist im Penfolds ausgezeichnet eingebunden. Der Wein wirkt weder zu konzentriert, noch alkoholisch-brandig, die zusätzlichen Prozente sorgen jedoch für eine leicht süße Note im Wein, die dem Guigal abgeht. Guigals Wein wirkt dicht und komplett geerdet. Hier finden sich Noten von Waldboden, von Leder, Teer und Gewürzen, vor allem Nelken, hinzu kommen Bitterschokolade und schwarze Oliven. Down under bestimmt satte Kirsch- und Pflaumenfrucht den Wein, unterlegt mit Holz, Vanille, Milchschokolade und einem Hauch Eukalyptus. Ist der Franzose eher der kernige, urige, etwas verschlossene Typ, wirkt der Australier weltgewandt und offen; einer, der gerne Komplimente macht und für Wohlbefinden sorgt. Zwei Charaktertypen also, die genau die Unterschiede der Syrah/Shiraz-Idee widerspiegeln, die es in den beiden Weinkulturen gibt.

Dieser Unterschied ist bei günstigen Weinen genauso zu finden wie bei sündhaft teuren Weinen und er hat nichts mit Qualität zu tun sondern mit unterschiedlichen Charakteren. Und als Weintrinker muss man immer wieder selbst herausfinden, welchen man gerade lieber im Glas hat.

Titelbild: Das Rhone-Tal – Heimat klassisch-eleganter Syrahs. Bild: Rob Alter

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