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Elsass, eine französische Weinregion mit deutscher Geschichte

Erfahren Sie alles über die Weingeschichte des Elsass.

Veröffentlicht am 12. September 2018

Mit Rebsorten wie Riesling, Gewurztraminer, Sylvaner, Weiß- und Grauburgunder hebt sich das Elsass deutlich vom Rest Frankreichs ab. Ebenso findet man die Tradition der halbtrockenen und süßen Weine so höchstens noch an der Loire. Da wird der frühere deutsche Einfluss in dieser Grenzregion sehr deutlich. Was das Kulinarische und die Lebensweise angeht, ist das Elsass jedoch zutiefst französisch geprägt. Die Weine der Region haben eine ganz eigene, unverwechselbare Stilistik, die vor allem durch eines geprägt ist: die Harmonie mit der elsässischen Küche. Beide, die Restaurants der Region wie die Weine, genießen Weltruf.

Ein kurzer Blick in die wechselvolle Geschichte

Es lohnt sich, einen kurzen Blick in die Geschichte des elsässischen Weinbaus zu werfen. Dieser wurde möglicherweise schon von den Kelten, sicher aber von den Römern betrieben. Nach dem Niedergang des Römischen Reiches waren es die Mönchsorden, die – wie in so vielen anderen Regionen auch – den Weinbau pflegten. Im 9. Jahrhundert wurde im Elsass, das sich auf der französischen Seite des Oberrheins ab der Höhe von Karlsruhe bis ins Dreiländereck nahe Basel erstreckt, bereits in 160 Gemeinden Weinbau betrieben. Diese Dichte dürfte zur damaligen Zeit einzigartig gewesen sein. Im 16. Jahrhundert umfasste der Weinbau am Rande der Vogesen rund 30.000 Hektar. Das ist doppelt so viel wie der heutige Umfang. Zu dieser Zeit gab es bereits ein Appellationssystem im Elsass, das die Güte und die Herkunft der Weine sichern sollte. Dazu gehörte auch, dass »so spät und reif wie möglich« geerntet wurde und nur edle Rebsorten infrage kamen. Im Elsass gab es also schon die Tradition der späten Lese, vendange tardive genannt, bevor sie beim deutschen Rheingauer Riesling verpflichtend wurde. Die Winzer waren mit ihren Weinen so erfolgreich, dass sie diese nach ganz Europa exportierten. Das Elsass gehörte zu dieser Zeit und insgesamt rund 700 Jahre zu Deutschland. Entsprechend litt die Region unter dem Dreißigjährigen Krieg, der im 17. Jahrhundert wütete und fast alle Rebflächen zerstörte. Erst im 19. Jahrhundert, als die Region nach zehnjähriger französischer Herrschaft 1870 erneut an Deutschland fiel, wurde die alte Größe der Rebfläche wieder erreicht. Diese Ausdehnung war jedoch nicht von Dauer; denn gegen Ende des 19. Jahrhunderts fiel auch im Elsass die Reblaus ein und vernichtete große Bestände. Heute liegt der Umfang der Rebflächen bei rund 15.000 Hektar. Obwohl das Elsass nach dem Ersten Weltkrieg wieder an Frankreich fiel und heute immer weniger Einwohner die deutsche Sprache beherrschen, ist der Weinbau bis in die Gegenwart von deutschen Traditionen geprägt.

Das einzigartige Terroir zwischen Vogesen und Rhein

Die rund 15.000 Hektar Rebflächen des Elsass liegen fast ausnahmslos am Fuße der Vogesen auf einem schmalen, meist nur zwei Kilometer breiten Band, das sich von Strasbourg im Norden bis nach Mulhouse im Süden rund 110 Kilometer am Rhein entlangzieht. Die Vogesen sind der Garant dafür, dass im Elsass Weinbau auf höchstem Niveau betreiben werden kann. Zum einen halten Sie den größten Teil der Wolken ab, die sich auf der Westseite der Vogesen abregnen und das Elsass zu einer der regenärmsten Regionen Frankreichs werden lassen. Zum anderen hat die Erhebung der Vogesen über Millionen von Jahren hinweg dazu geführt, dass man zwischen den Bergen und dem Rhein unterschiedlichste Gesteinsformationen findet, teils auf wenigen Metern Abstand. Die Steillagen der Vogesen sind oft von Granit geprägt. Hinzu kommen Vulkangestein, Schiefer, Kalk, Muschelkalk, Ton, Löss, Kiesel und Sand in unterschiedlichsten Kombinationen. Ein besonderes Beispiel dafür ist der Weinort Andlau auf dem Weg von Strasbourg nach Colmar. Dort findet man am berühmten Kastelberg große Schieferformationen mit Quarz, Glimmer und Eisen. Im Südwesten des Ortes wird der Rebbühl-Weinberg von bröseligem Granitboden bestimmt. Östlich des Kastelbergs besteht der Wiebelsberg aus einem rosafarbenen Buntsandstein mit Quarz, Feldspat und Kiesel, während der Mönchsberg südöstlich von Andlau vor allem aus Kalkmergel besteht. Auf all diesen Böden wird Riesling angebaut, der in seiner Ausprägung dementsprechend sehr unterschiedlich ausfällt. Zu den weltberühmten Lagen gehören außerdem der Cru Altenberg de Bergheim, der Rangen de Thann und nicht zuletzt der Clos St. Hune, eine gerade einmal 1,67 Hektar kleine Lage in Hunawihr, die sich im Monopolbesitz des alteingesessenen Hauses Trimbach befindet. Der Untergrund des Clos besteht aus reinem Muschelkalk. Der besondere Boden und die perfekte Ausrichtung nach Süd, Südost fördert nicht nur eine unglaubliche Mineralität, sondern beschert den Rieslingen auch ein besonders hohes Alterungspotential.

Die Rebsorten des Elsass

Der Riesling ist eine der wichtigsten Rebsorten im Elsass, zusammen mit dem Gewurztraminer und dem Pinot gris (Grauburgunder). Ebenfalls zugelassen und angebaut werden der Muscat, der Pinot blanc (Weißburgunder), der meist zusammen mit dem Auxerrois angebaut wird, sowie der Sylvaner, in seltenen Fällen der Chasselas sowie als einzige rote Sorte der Pinot Noir, also der Spätburgunder. Pinot Noir nimmt vor allem in den letzten Jahren eine immer wichtigere Rolle im Portfolio der elsässischen Winzer ein. Was man dem Rebsortenspiegel allerdings trotzdem direkt ansieht, ist, dass das Elsass traditionell eine Weißweingegend ist. Bis heute liegt die Weißweinproduktion bei über 90 %. Eine ganz besondere Spezialität ist der Klevner de Heiligenstein. Der Klevner ist eine roséfarbene Spielart des Traminers und stammt wahrscheinlich ursprünglich aus dem Jura. Er darf nur rund um den Weinort Heiligenstein angebaut werden und hat daher eine Sonderstellung.

Die Stile der elsässischen Weine

Das Elsass kann auf eine der längsten Qualitätssicherungen im Weinbau zurückgreifen. Wie oben schon erwähnt, reicht das Appellationssystem ins 16. Jahrhundert zurück, wo sich die Weinbauern des berühmten Weinorts Riquewihr dieses System selbst auferlegt haben. Heute hat das System drei Säulen. Rund 54 % der Gesamterzeugung werden als AOP Alsace vermarktet. Diese Weine werden fast ausschließlich sortenrein ausgebaut und in schlanke Schlegelflaschen abgefüllt, die man in dieser Form sonst nur in Deutschland findet. Cuvées wie der früher sehr populäre Edelzwicker sind selten geworden. Daneben fließen 27 % in die AOP Crémant d’Alsace ein – ein großer Anteil der Gesamterzeugung wird im Elsass versektet. Der Crémant der Region genießt einen hervorragenden Ruf. Die Crémants des Elsass unterliegen den gleichen Richtlinien wie die der anderen Crémant-Gebiete Frankreichs. Aus 150 kg Trauben werden 100 Liter Wein gewonnen. Genutzt werden dürfen als Rebsorten der Riesling, die Pinot-Rebsorten sowie der Chardonnay, der im Elsass ausschließlich zur Crémant-Erzeugung genutzt werden darf. Die Crémants werden nach der traditionellen Methode mit Flaschengärung ausgebaut und lagern mindestens neun Monate in den Kellern der Erzeuger. Die besten Weine der Region stammen aus den 51 Grand-Cru-Lagen. Zu den bekanntesten zählen der Pfersigberg, der Schlossberg, der Rangen in Thann, der Altenberg de Bergheim, der Kaefferkopf und der Furstentum. Die Weine entstehen aus Erträgen, die auf 55 Hektoliter pro Hektar begrenzt sind, und dürfen nur aus Riesling, Gewurztraminer, Pinot gris oder Muscat bestehen. Andere Rebsorten sind nur in Ausnahmefällen zugelassen. Neben trockenen und halbtrockenen Weinen entstehen in den Weinbergen zwei besondere traditionelle Spezialitäten. Es sind die vendanges tardives und die selection de grains nobles. Die vendange tardive, die man mit Spätlese übersetzen kann, wird einige Wochen nach der offiziellen Lese überreif geerntet. Dabei wird teilweise die Edelfäule genutzt, die den konzentrierten und süßen Weinen (rund 220 Gramm Restzucker/Liter) einen besonderen Charakter verleiht. Bei der selection de grains nobles handelt es sich um eine Trockenbeerenauslese, bei der nur spät gelesene Trauben verwendet werden, die durch die Edelfäule des Botrytis-Pilzes rosiniert wurden und entsprechend konzentriert sind. Der Zuckergehalt dieses Weines liegt bei mindestens 256 Gramm für Riesling und Muscat sowie bei 279 Gramm für Pinot gris und Gewurztraminer.

Der Erfolg elsässischer Weine

Mit der Begrenzung auf wenige Rebsorten und der Nutzung des besonderen Terroirs haben die Elsässer Winzer sich über Jahrhunderte hinweg einen sehr guten Ruf erworben. Viele der Weine im Prädikatsbereich können ohne Probleme über Jahrzehnte altern. Wie in so vielen anderen Weinbauregionen auch, waren die 1970er- und 1980er-Jahre eine schwierige Zeit für das Elsass. Es wurde zwar gerne süß getrunken – was den Elsässern in die Karten spielte –, aber vor allem auch sehr günstig. Damals wurde der billig produzierte Edelzwicker populär und stand irgendwann fast als Synonym für die gesamte Region. Das hat man ab den 1990ern mit viel Qualitätsarbeit wieder wettgemacht und stattdessen mit Erfolg auf den Crémant gesetzt. Neben den Schaumweinen erzeugen immer mehr Winzer trockene Weine, die dem Geschmack der heutigen Generation entgegenkommen.

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