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In Neuseeland – 5: Dog Point in Marlborough

Zu Besuch bei Dog Point in Marlborough.

Veröffentlicht am 01. April 2015
Von Nelson aus geht es durch das Rai Valley und vorbei am Mahau-Sund nach Marlborough, dem größten und bekanntesten Weinanbaugebiet Neuseelands. Hier hat zwar nicht etwa alles begonnen, aber von hier aus startete Ende der 1980er der Siegeszug des neuseeländischen Sauvignon Blanc und sorgte für eine Aufbruchstimmung ohne gleichen.

Eine typische Marlborough-Ansicht: Sauvignon Blanc, so weit das Auge reicht. Foto Copyright: C. Raffelt

Die Geschichte begann in einem Weingut, welches sich nach der Bucht benannt hat, in der im 18. Jahrhundert James Cook angelandet ist. Da sich das Wetter der Bucht regelmäßig zuzieht, hat er sie Cloudy Bay genannt. Auf Cloudy Bay hat man damals den tropischen Sauvignon-Blanc-Stil entwickelt, der heute der Archetyp des gesamten Sauvignon Blancs der südlichen Länder ist und immer häufiger auch bei europäischen Sauvignon Blancs zu finden ist.


Blick über die südlichen Hügel von einem der Dog-Point-Weingärten. Foto Copyright: C. Raffelt

Mit dabei waren damals, in den Gründungsjahren, Ivan Sutherland und James Healy. James hatte in einem Weinbaubetrieb in Auckland gearbeitet, während Ivan, mit seiner Frau Margaret, zu Beginn der 1980er-Jahre, einen der ersten Weinberge in Marlborough angelegt hat. Als sie sich bei Cloudy Bay trafen, begann eine Freundschaft, die später in einem gemeinsamen Projekt münden sollte. Nachdem Ivan 18 Jahren als Weinbergsmanager und später auch als Director für Cloudy Bay gearbeitet hatte, während James 12 Jahre als Önologe ebenso maßgeblich am Erfolg von Cloudy Bay beteiligt war, änderten sich die Besitzverhältnisse in der Icon-Winery und für die beiden wurde es Zeit, eigene Wege zu gehen. Grundlage dafür war der Weinbergsbesitz der Sutherlands, dessen zentraler Bestandteil der 80 Hektar große Dog-Point-Vineyard ist. Dieser hat dem Weingut den Namen gegeben und 2004 wurde der erste Wein lanciert. Neben dem historischen gewachsenen Namen Dog Point ist übrigens der Ti Kouka, der Kohlkopf-Baum, Wahrzeichen des Weinguts. Denn diese ursprüngliche Pflanze, die man auf dem Label des Weinguts sieht, findet man sehr häufig auf dem Besitz von Dog Point.


Der Wein und sein Macher: Matthew Sutherland. Foto Copyright: C. Raffelt

Heute ist Matthew Sutherland, der Sohn eines der Gründerpaare, als Winemaker verantwortlich für den Stil der Weine. Die Linie ist ganz klar. Es gibt genau vier Weine. Grundlage des Erfolgs ist der klassische Dog Point Sauvignon Blanc. Mit tropischer Frucht, Melone, Zitrus und Lemongrass ist er der typische Sauvignon-Blanc-Vertreter des Marlborough-Sauvignons, der am Wairau-River und etwas südlich wächst. Der Sauvignon Blanc Section 94 stammt aus einer besonderen Weinbergsparzelle und hat stilistisch mit dem typischen Marlborough-Sauvignon Blanc nicht viel zu tun. Im Gegensatz zu jenem nämlich wird er spontan vergoren und dann im Holz ausgebaut. Der Wein erinnert an reife Grapefruit, an weißen Pfirsich, an Blüten, Josta, Feuerstein, Brennnessel und Limettenschale. Am Gaumen spürt man die kalkig-kreidige Mineralität und hat ein cremiges Mundgefühl aufgrund des Ausbaus im alten Holz. Die Länge und Komplexität dieses Sauvignons sind absolut beeindruckend.

Das gilt auch für den Dog Point Chardonnay des Weinguts, der in den Hanglagen wächst. Hier wird hauptsächlich der kleinbeerige, säurereiche Mendoza-Klon verwendet, der genau die Struktur schafft, damit der Chardonnay in dem heißen Anbaugebiet die notwendige Säure behält. Auch hier wird spontan vergoren, was zu einer Flint-Feuerstein-Nase führt, die von Grapefruit- und Limonenzesten unterstrichen und leicht toastige Holznoten abgerundet wird. Wunderbar gelungen ist das zurückhaltende Holz-Management, die Balance am Gaumen, das Vibrierend-Frische und die cremige Textur. Der Dog Point Pinot Noir rundet das Angebot ab und ist ein hervorragendes Beispiel für die besondere Typizität der Marlborough-Pinots. Der Wein erhält seine Struktur durch den 18-monatigen Ausbau in neuen und gebrauchten französischen Barriques. Das Holz ist nie dominant, sondern immer nur unterstützend. Im Vordergrund stehen die rote Frucht, die Veilchen, etwas Kräuter und Gewürze, das fleischige Tannin und auch hier die herrliche Säure, die den Wein trägt. Die Trauben für den Pinot sind mit die ersten, die überhaupt geerntet werden –zwei bis drei Wochen, bevor in anderen Anbaugebieten der Pinot geerntet wird.

Inmitten der biologisch bewirtschafteten Flächen und dem Landschaftspark, den die Sutherlands errichtet haben, liegt das Gästehaus des Weinguts, The Bell Tower. Der Ort gehört zu jener ganzen Reihe von Orten auf meiner Reise, an denen ich liebend gerne einige Tage länger verweilt wäre. Ohne Termine versteht sich. Einfach nur den Blick über die Landschaft gleiten lassen, das hervorragende Frühstück und die Ruhe genießend und hier und da einen Ausflug in die Weinberge, zu einem der exzellenten Restaurants oder zum nahegelegenen Pazifik machen. Doch es geht weiter, der Weinschreiber ist schließlich kaum zum Vergnügen hier, auch wenn die Reise durch das spätsommerliche Neuseeland natürlich jederzeit ein Vergnügen darstellt und selbst an den längsten Tagen so etwas wie Urlaubsstimmung aufkommt, sobald ich an die Daheimgebliebenen denke, die im kalten Ostwind bei knapp über null Grad frieren.


Ein Platz zum Verweilen: The Bell Tower. Foto Copyright: C. Raffelt



Die Reise erfolgt auf Einladung von New Zealand Wines.

Christoph Raffelt

Christoph lehrt als Dozent an der Deutschen Wein- und Sommelierschule Hamburg. Er schreibt und podcastet bereits seit mehr als acht Jahren in seinem privaten Blog originalverkorkt.de und verfasst Weinkritiken und Artikel für verschiedene weitere Medien. Für seine Reihe über die Winzer der Champagne und unabhängigen Häuser wurde er 2014 mit dem Wine Online Award für den besten Weintext des Jahres ausgezeichnet.